Vreni ist die zweite meiner Kandidatinnen für die Bauchanalysen.
Im Gegensatz zu Miriam aus meinem letzten Artikel, kenne ich Vreni nicht. Wir hatten kein Coaching oder Ähnliches, aber sie folgt meinem Blog schon seit Beginn der dritten Schwangerschaft 2017.
Ich habe also keine "vorher-nachher" Bilder, sondern mache heute nur eine Analyse mit Vorschlägen. So ähnlich, wie ich das in einem Coaching tun würde, nur dass beim Coaching dann natürlich immer ein Follow-Up folgt und wir weiter zusammen an den Dysbalancen arbeiten würden.
So erzähle ich Euch heute, wie es aussieht, erläutere den Ist-Zustand und sage Euch, was ich raten würde.
Vielleicht könnt Ihr für Euch ein paar Ratschläge selbst umsetzen bei Euren Trainingseinheiten oder Euch ein bißchen darauf eichen, was oft beim Üben passiert und was man selbst gar nicht so wirklich merkt. Zum Beispiel, dass das Becken "abkippt" oder zu sehr "aufdreht" und solche Sachen. Aber dazu gleich mehr.
Vreni ist 45 Jahre alt und Mutter von vier Kindern. Sie hatte vier Spontangeburten.
Letzte Geburt Ende Dezember 2020. Die dritte im November 2017. Die zweite im Juni 2014. Und die erste im Juli 2009.
Vreni hat Sport studiert und schon immer viel gemacht.
In der dritten Schwangerschaft ist ihr langsam geschwant, dass sie höchstwahrscheinlich im Lauf der Zeit viel falsch gemacht hat, was den Bauch nach den Schwangerschaften angeht.
Nach der zweiten Geburt war sie recht schnell wieder schlank und der Bauch flach, aber der Bauchnabel ist rausgeploppt und nie wieder rein gegangen. Im Liegen hatte sie eine zwei Finger breite Lücke zwischen den Bauchmuskeln. Sie hat viel trainiert, vor allem seitliche Bauchmuskeln, bis sie gelesen hat, das Crunches und diese ganzen Übungen, die man normalerweise macht, dafür gar nicht so gut sind.
Verwirrung folgte.
Vreni sagt, sie fühlt sich immer so ungefähr zwei Jahre nach jeder Geburt nicht wohl mit ihrem Körper und der Ploppnabel nervt. Aber sonst hat sie keine Komplikationen, Probleme oder Schmerzen.
Und sie sagt auch, dass sie eine rastlose Erstmami ohne Plan war und wenn sie sich jetzt so umschaut bei ihren Erstmami-Freundinnen, dann wird ihr ganz schwindelig.
Die nachfolgenden Bilder sind alle von jetzt im August 2021.
Und ich sage Euch, "dünn" ist nicht zwingend gleichzusetzen mit "besser".
Ich höre das ganz oft. Klar kann das toll sein, wenn man nicht noch ewig unnötige Pfunde mit sich rumschleppen muss. Aber auch dünne Frauen haben Dysfunktionen.
So wie eben die meisten Frauen nach der Geburt.
Die Situationen sind in den meisten Fälle wirklich sehr ähnlich. Zumindest was das Körperliche angeht, egal ob dünn oder nicht.
Was bei dünnen Frauen oft fast noch "schlimmer" ist, ist dass man alles sofort und viel krasser sieht. Aber es gibt auf jeden Fall nie eine Wertung auf meiner Seite. Ich erzähle nur, was an mich ran getragen wird.
Wenn sich jemand nicht mit einer dünnen Frau identifizieren kann, dann vielleicht mit ihren Dysfunktionen oder den ähnlichen Lebensumständen. Ansonsten möchte ich auch keine Wertung über dünne Frauen hören. Das ist nämlich auch nicht anders, als wenn man das mit molligen Frauen macht oder überhaupt mit jemandem.
So, jetzt also los.
Im Stehen sieht alles ganz prima aus. Bis auf vielleicht ein leichtes Hohlkreuz oder ein nach vorne gekipptes Becken, aber das kann auch am Kamerawinkel liegen. Das würde ich in einem Coaching noch abklären und austesten. Dann bräuchte ich natürlich auch die ganze Person im Bild, inklusive Kopfstellung und Arme, die nicht in der Luft sind :) und das dann von allen Seiten. So haben wir diese zwei Bilder, aber damit können wir für diesen Zweck jetzt auch schon ganz gut arbeiten.
Ob dieser Nabel ein ernsthaftes Problem darstellt, kann ich nicht beurteilen. Das müsste ein Chirurg abklären. Aber solange nichts weh tut oder im Alltag behindert, ist das erst mal nicht das Thema. Mit dem Nabel kann man sich später immer noch beschäftigen.
Als ersten Test für die Stabilität im Becken, im Rumpf und, um zu sehen, wie sich die Bauchmuskeln verhalten, mache ich immer "gestrecktes Bein abheben".
Das heißt auf physiotherapeutisch "Straight Leg Raise" also SLR.
SLR von oben
Aus dieser Perspektive sieht man es ganz deutlich.
Das Becken kann das Gewicht des Beines nicht halten. Und die linke Seite hat auch deutlich weniger Kraft und kippt noch mehr als die rechte. (Ihr müsst das seitenverkehrt sehen. Rechtes Bein hoch, linkes Becken geht hoch und diese Seite kann nicht halten)
Genau, wie man das auch im Video unten sieht. Passt also vom Befund her.
SLR von der Seite
Im Video sieht man sehr schön, wie sich die linke Rumpf-Seite vom Boden abhebt, wenn Vreni das rechte Bein gestreckt in die Luft hebt. Es sieht fast so aus, als ob sie sich "rüber rollt".
Das bedeutet, dass vor allem die linke Seite, der Rumpf, die seitlichen Bauchmuskeln und der restliche Körper, das Gewicht des Beines nicht halten können.
Und sie wackelt auch noch dabei.
Als Übung mache ich das eh nicht, aber als Test ist das ganz prima.
Als Anweisung würde ich jetzt trotzdem geben, zu versuchen, das Bein abzuheben, ohne, dass sich die Seite mitbewegt. Mehr mit Tiefenmuskulatur angespannt und mit der Ausatmung.
Wenn das besser klappt mit diesem Fokus, würde ich das trotzdem nicht als Übung machen, weil der Restbefund noch zu ausgeprägt ist mit dem Muskelungleichgewicht.
Als Übung ist das nur geeignet, wenn alles ok ist und sich nirgends un-ausbalancierte Bewegungsmuster einschleichen könnten. Denn das passiert, wenn man in/mit einer Dysfunktion die falschen Übungen macht. Man gewöhnt sich Ausgleichsmechanismen an, die dann später vielleicht zu Schmerzen und wahrscheinlich zu anderen Dysfunktionen führen.
Natürlich bewegt sich bei so einer Belastung immer etwas mit. Der Körper muss ja den langen und schweren Hebel ausgleichen. Es sieht aber dennoch völlig anders aus, wenn man das Bein tatsächlich auch halten kann.
Da so eine Übung aber generell viel Druck macht (auch auf dem Beckenboden) und viel Kraft verlangt, ist das keine Übung für die Rückbildung. Alles, was mit langen "Hebeln" gemacht wird, kann warten, bis der Körper stabil genug ist und mit Druck umgehen kann.
Wann das genau ist, muss man immer individuell testen. Ich würde im ersten Jahr davon abraten. Und dann auch immer zuerst die Tiefenstabilität auftrainieren, bevor man an die langen Hebel und Gerätschaften geht. Genau wie beim Joggen auch. Das muss immer alles vorbereitet und angebahnt werden, bevor man "richtig" loslegt. Ich denke, Ihr wißt, was ich damit meine.
Situp
Bei einem Situp kann man tasten, ob es eine Lücke gibt und was die Bauchmuskeln so machen währenddessen.
Hier natürlich ohne tasten. Ich kann so nicht sehen, ob es eine Lücke gibt. Aber ich kann sehen, was der Bauch macht und wie er mit Druck umgeht.
Zuerst sieht man, was man bei vielen Frauen sieht, nämlich, dass die gerade Bauchmuskulatur zuerst anspringt und "übernimmt".
Dann am Schluss sagt Vreni im Video "und jetzt noch mal richtig" und man sieht, wie das den Bauchnabel heraus presst. Und es drück auch einfach den ganzen Bauch raus. Das macht dann nicht nur zu viel Druck auf einer Lücke bzw. Rektusdiastase, das macht auch viel Druck auf dem Beckenboden.
Situps mache ich auch nur als Test und nicht als Übung.
Und wenn Ihr das testet, dann macht auch bitte den Test nicht permanent.
Vierfüßler
Der Vierfüßler ist halt schon eine krasse Übung. Immer wieder.....
Man sieht genau, wie einzelne Muskelstränge krampfhaft versuchen das auszugleichen, was die schwachen Muskeln nicht können. Das ist keine harmonische Muskeleinheit da am Bauch.
Solche einzelnen Muskelstränge entwickeln sich auch nur, wenn das eine ganze Weile dauert mit dem Schwäche-Ausgleichen. Und es sieht auch so aus, als ob sich während der Übung das Becken aufdreht. Was wahrscheinlich daran liegt, dass Vreni nicht im Lot bleibt.
Um zu sehen, ob diese Übung eine Übung ist, die Vreni machen kann, würde ich einiges korrigieren und dann noch mal schauen, ob es dann anders aussieht. Aber ich glaube fast, das ist noch nichts zu dem Zeitpunkt.
Vierfüßler von der Seite
Genau wie ich vermutet habe, Vreni bleibt nicht in der "Tisch"position. Der Rücken und das Becken bleiben nicht gerade und stabil. Der untere Rücken hängt von Anfang an durch. Da kommt keine Spannung rein. Da muss noch mehr "gerade Fläche" im Rücken passieren, sprich das Becken ausgeglichen werden. In dem Fall nach hinten gekippt werden, damit da kein Hohlkreuz hängt.
Die Übung ist zu unruhig mit zu wenig Gesamtspannung. Eigentlich soll sich beim Vierfüßler nichts am Rücken bewegen. Der bleibt immer gerade und stabil im Normalfall. Es sollen sich ausschließlich die Arme und Beine bewegen, während der Rest "hält". das machen aber die wenigsten so. Genau so wird das nämlich ganz oft trainiert, weil das in den Kursen keiner kontrolliert und korrigiert. Dann wird genau so zuhause weiter trainiert und man gewöhnt sich diese Übung einfach falsch an.
Der Kopf ist wahrscheinlich auch nicht in Verlängerung der Wirbelsäule, aber das sehe ich nicht. Ist aber meistens so ohne Korrektur. Muss eigentlich immer korrigiert werde, weil das meistens mit der eigenen Wahrnehmung schwierig ist.
Auch das sind ganz einfache Maßnahmen, um den Vierfüßler "besser" bzw. richtig auszuführen.
Aber vom Gefühl her würde ich erst weiter an der Tiefenstabilität arbeiten bevor ich zum Vierfüßler übergehen würde.
Sonsige Tipps:
- Die Beckenstabilität mit kurzen Hebeln trainieren, in der Bewegung, über die Arme.
- Übungen im Liegen, Sitze, Seitlage, Stehen. Mit Pezziball, Theraband und so weiter und so fort.
- Rumpfstabilität über die kurzen Rückenmuskeln, in Bewegung. Über die Arme und Beine.
- Auch viel Beinachsenstabi. Das hilft immer!
- Stabiübungen auf dem Trampolin. Man muss ja nicht immer hüpfen. So Minitrampoline sind ganz super für die ganze Körperstabilität.
- Ins Lot kommen.
- Fokusverschiebung auch vom Bauch weg auf den ganzen Körper. Mach ich immer in jedem Programm. Wir brauchen natürlich auch die Feinübungen und Detailübungen für die Bauchmuskeln. Aber nicht nur. Zu oft wird nur Bauch trainiert, während der Rest vergessen wird.
Und und und.
Um einen ganz genauen Plan machen zu können, bräuchte ich natürlich noch viel mehr Informationen. Aber in diesem Rahmen kann ich Euch so einen kleinen Überblick geben über das, was möglich ist.
Vielleicht müßte man auch Triggerpunkte auf diesen Muskelsträngen der geraden Bauchmuskeln erst behandeln oder die Beckenstellung korrigieren. Hüftbeuger dehnen, Oberschenkel detonisieren und so weiter. Es gibt so viel, das man tun kann, wenn man denkt da hilft nix mehr.
Es sind nicht immer nur ausschließlich Übungen, die man machen kann oder soll.
An manche Sachen kommt man selbst gar nicht ran. Verspannungen kann man oft nur durch Massagen und Weichteiltechniken lösen. Es läßt sich nicht alles "weichdehnen". Oft braucht es auch hands-on und Mobilisation.
Und manches sieht man eben selbst gar nicht. Ich hab so oft erlebt, wie seltsam manchmal das eigenen Körpergefühl ist. Vor allem in den Rückbildungskursen. Da muss man korrigieren bei den Übungen!. Da denkt man, man ist total gerade und ist in Wirklichkeit voll schief.
Es gibt auf jeden Fall immer mehr, das man selbst tun kann, als man denkt. Und das ist doch eine tolle Aussicht.
1000000 Dank Vreni, für Deine Videos und Bilder. Ich hoffe, es bringt Dir was. Da kann man noch viel machen :) aber kein Stress. Baby Nummer 4 ist erst neun Monate alt.
Ja und ich finde auch "jede sollte 'eine Nicole' an ihrer Seite haben" (aaahhhh 😍❤️ i frei mi) (ich muss es mal kurz erwähnen). Danke :) hast Du schön gesagt.
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